08/11/2017
Ludwig XVI
Am 21 Januar 1793, nachdem Ludwig XVI von der Königin, seiner Schwester Madame Elisabeth, seinen Kindern, der kleine Kronprinz Herzog der Normandie und Madame Royale seine Tochter, Abschied genommen hatte, wurde er zum Schafott geführt. Seine bewundernswerte Ergebenheit, seine Frommheit, seine Stärke in dieser Schicksalsprüfung wurden von Allen, seine Feinde einbegriffen, anerkannt. Stets war er ein sanftmütiger, ehrlicher, wohlwollender Mann bester Absichten und liebender Vater gewesen. Er war, mit einem Wort, ein guter König, der sein Volk liebte.
Was den beschleunigten Sturz von Ludwig XVI und, dadurch auch, den der katholischen Monarchie, betrifft, fanden Todesurteil und Hinrichtung nach Beendigung eines öffentlichen, vor der Konvention geführten Prozesses, am 11. Dezember 1793 statt, ein im voraus verlorenen Prozesses, angestiftet von Männern, die zugleich Richter und Ankläger waren.
Abgesehen von der historischen Tatsache, dass die Revolution einen ideologischen Sieg über die geschlagene Monarchie gewonnen hat, ist es fortan nicht wunderlich, wenn die Persönlichkeit Ludwigs XVI zutiefst von der post-revolutionären Chronik beleidigt und wie seine Vorfahren Ludwig XIV und Ludwig XV, als Dutzendmensch verrufen wurde. Die offizielle Geschichte der Sieger, wenn ich sie so nennen darf, wollte mittels einer Karikatur der drei letzten Regierungszeiten unserer christlichen Könige, der sogenannten "französischen” Revolution ein leichteres Spiel ermöglichen .
Misstrauen wir also dieser “offiziellen” Geschichte und der ideologischen Anpassung, die sie befördert, auch ihrer Mythen, Legenden und freimauerischen Symbole, die nicht gerade Frankreich sondern sein Gegenteil verkörpern… Vergessen wir nie, dass die Feinde der Monarchie es unaufhörlich versuchen, das Teufelsflittergold mit Engelsgewand zu bekleiden, um die Wahrheit zu verschleiern, diese Wahrheit, die uns befreien wird.
Darum schlage ich Ihnen heute vor, uns wieder aktuell in die Geschischte zu vertiefen, um die Persönlichkeit Ludwigs XVI und die ausschlagenden Momente seiner Regierungszeit besser fassen zu können. Auch seine Eigenschaften während der Schicksalsprüfung und der Tragödie, die, die Königsfamilie wie flutartig in den Abgrund gestürtz hat. Dann, natürlich auch, seine Ohnmacht gegenüber dieser parlamentarischen Oligarchie, die schon unter Ludwig XV den Frieden des Reichs bedrohte. Aber auch seine allseits bekannte Faszination für die Begriffe der “Aufklärung », die den König unbewusst für eine Zeit lang dazu geführt hat, das katholische Gemeinwohl zu vernachlässigen, um, unter Zwang von Seiten der Jakobiner und Ideologen, ein, auf strikte Realitätsverweigerung aufgebautes, utopisches Gemeinwohl, zu realisieren.
Zur Rechtfertigung, werden wir es fürs erste, folgerichtig und bestmöglich versuchen, die Gründe dieser Ohnmacht, zu verstehen, die den König völlig wehrlos vor dem intellektuellen Kampf, nebst der Wahrnehmung der körperlichen Zerstörung, lassen wird. Dann, am Ende dieses ersten Teils, was die Kindheit, so auch die ungeschickten politischen Entscheidungen des Königs betrifft, werden wir uns eingehender mit dem Zeitabschnitt beschäftigen, der die Geschischte von der Flucht von Varennes bis zum Schicksalstag des 21sten Januar 1793 umfasst, an dem der Märtyrerkönig schliesslich auf dem Revolutionsplatz, ehemalig place Louis 15, heutzutage place de la Concorde in Paris, ( Platz der Eintracht) ermordet wird.
Zunächst, ist es zu es bemerken, dass Ludwig XVI, geboren am 23 August 1756 von Louis, dem französischen Thronfolger und Marie- Josèphe von Saxen, nicht zum Regieren bestimmt war, weil er einen älterer Bruder hatte. Auf Grund einer Reihe von Schicksalsschlägen, die die Nachfolger von Ludwig XV betreffen wird, fand sich Ludwig XVI dazu veranlasst, die königliche Krone, die nicht für ihn bestimmt war, wider Erwartung, aufzusetzen. Der Rang als Zweitältester wird unumgänglich, in seiner Kindheit eine bedeutende Rolle spielen. Er wird eine etwas “unvollkommene” Erziehung bekommen. Er ist nicht dazu vorbereitet worden, Macht auszuüben, sondern sich einer Macht zu unterwerfen, die, seines älteren Bruders, einer starken Persönlichkeit, der zu früh gestorben ist und der ihm von seinen Eltern immer als unübertreffliches Modell dahingestellt worden ist. Seltsamerweise, liebte Ludwig XV seinen verstorbenen Sohn und Enkelsohn. Diese Liebe blieb Ludwig XVI seltsamerweise vorenthalten. Die Geschischte enthüllt uns auch einen erwiesenen Übertragungsmangel. Der GroBvater Ludwigs XVI, hatte ihm den eigentlichen, sehr christlichen Geist der Macht nicht übertragen, diesen Geist der Macht, der eben eine der wesentlichsten Stärken der Erbmonarchie, ist. Andererseits, kann man, während der Regierungszeit Ludwigs XV eine empfindliche Lücke finden, die, während der Regierungszeit Ludwigs XVI eine maßgebliche Rolle spielen wird. Wenn Ludwig XV, die, von den parlamentarischen Forderungen ausgehende, bedingte Gefahr erkannt hatte, so nahm er doch die, vom philosophischen Dunstkreis eines Voltaire, Rousseau, d’Alembert und vieler anderer, ausgehende bedingte Gefahr nicht wahr. Ludwig XV hatte auf so schlimme Weise Unrecht, wie es nur ein König haben kann, den zu einer angemessenen Reaktion auf diese philosophische Verschwörung kam es daher nicht. Es ist aber notwendig, sich dieser Tasache zu besinnen, wenn man auf wirksame Weise manche Lehren aus der Geschischte ziehen will.
Eine weitere schwache Seite Ludwigs XVI besteht darin, dass er nach Fenelons Prinzipien erzogen worden ist, Fenelon, der von einem friedlichen, sanftmütigen, demokratischen König traümte. Es wäre notwendig das Buch “L’Examen de conscience sur les devoirs de la Royauté” (Gewissenserforschung über die Pflichten des Königtums) zu öffnen und die Lektüre weiters mit "Les aventures de Télémaque » , zu ergänzen und dann eventuell einen Blick in « Les Tables de Chaulnes » zu werfen, um Ludwigs XVI eigentlichen Begriff seiner Funktion erfassen zu können. Wie soll der König nach Fenelon sein ? Fenelons König ist vor allem sittsam, gutmütig, väterlich : er ist der Vater seiner Untertanen. Dieses Thema ist nichts Neues : all das ist sehr traditionell. Doch ist Fenelons König merkwürdigerweise ein König, der sein Amt nicht mag. Dieses Amt soll eine so schwere Bürde sein, dass, der, der ihr obliegt, als Unglückseliger betrachtet werden muss. Das ist ein gefährlicher Begriff. Fenelon beharrt sehr auf das Unglück König zu sein, auf die Königswürde, die eine Last, eine mühselige Last ist. Damit sind wir weit entfernt von Ludwig XIV, der von den höchsten Freuden des Königsamtes spricht. Dagegen steht Ludwig XVI ganz im Widerspruch mit seinem “ le Malheur d’être Roi » ( Das Unglück König zu sein), einer Formel, die auch in seinem Testament niedergeschrieben ist.
Wie schon erwähnt, ist dieses Amt, für LudwigXVI, eine auferlegte Last. Auch, wenn dieses Amt ihn belastet, führt er es troztdem gewissenhaft, aus. So lautet also, mit einem Wort, der Begriff der Königswürde Ludwigs XVI, der, der traditionellen Erziehung der Capétiens widerspricht, einer Erziehung bei dere ein König Kaltblütigkeit, Realitätssinn und, wenn nötig, seine Macht beweisen muss Bei der Durchsetzung dieser neuen politischen Doktrin geht es um nichts weniger als letzlich, eine starke Oligarchendosis in die traditionelle Monarchie einzuführen. Indem die Parlamente des 18ten Jahrhunderts sich auf Fenelons und Boulainvilliers Doktrinen berufen haben, haben sie sich gegen die Macht des Königs gestellt und die Monarchie lahmgelegt. Die Macht des Königs von Frankreich benötigt keine institutionalisierte Gegenmacht. Diejenigen, die, in der Vergangenheit oder in der Gegenwart das Gegenteil behaupten, und ich denke hier insbesondere an die Orleanisten, versuchen doch nur diese Macht zu kontrollieren und sie letztendlich, an sich zu reißen. Darin besteht das ganze Grundprogramm der Revolution, zuletzt auch das der Nation, die sich schließlich nach und nach von der königlichen Macht emanzipiert und sie entgültig abschaffen wird. Auf Grund dieser Belege, sehen wir, dass Ludwig XVI am Anfang seiner Regierungszeit sich ziemlich durchlässig für die Aufklärung zeigt, aber, man muss hierbei auch unterstreichen, dass der König dem mehr traditionellen Begriff der Monarchie, ebenfalls Wert beigemessen hat. In Folgedessen, können wir in ihm mehrere, gegensätzliche, intellektuelle Einflüsse erkennen.
Das also waren die Standpunkte die, wie Sie wohl verstanden haben, nicht zu Gunste des Königs sprechen. Nun, nehmen wir die positiven Punkte in Augenschein. Man hat sich viel über die Leidenschaft für das Handwerk der Schlosserei Ludwigs XVI lustiggemacht, aber in Wirklichkeit dominieren ganz deutlich seine intellektuellen Fähigkeiten. Er ist ein sehr gebildeter, intelligenter Mann, der viel liest und während seiner Gefangenschaft im Tempel sogar viel. Wir wissen, dass er eine ganz bemerkenswerte Menge an Büchern verschlungen hat. Der doktrinale Korpus des Königs umfasst sehr traditionelle Begriffe wie zum Beispiel, dass die Monarchie ein sakrales Ministerium ist und dass ein ein König infolge seiner Krönung zu seiner Würde erhoben worden ist der er mit Leib und Seele angehört, und die sebst dazu führen kann, dass er im Falle dessen Aufgabe sein Leben opfert. Gerade dieser Begriff, wird in den letzten Monaten seines Lebens in den Vordergrund treten. Der Schicksalsschlag, den er ab 1789 ertragen muss, führt in ihm zu einer inneren Wandlung. Ludwig XVI erfuhr eine Art von Bekehrung. Der gute Christ, der er war, wird sich selbst übertreffen, sich zu Gott wenden und infolgedessen der Krönung und dem Begriff des geopferten Königs seinen wahren Sinn verleihen, dem eines Königs, der dazu bereit ist, sich für sein Königtum zu opfern. Ich werde nicht länger hier verweilen. Wir werden gleich die Gelegenheit haben, Lezteres ausführlicher auszulegen.
Weil Ludwig XVI während der Regierungszeit seines Vorfahren Ludwig XV, von den königlichen Staatsangelegenheiten ferngehalten wurde, war er sich seiner Unerfahrenheit zutiefst bewusst. In friedlichen Zeiten, wäre er ein hervorragender König gewesen, der mit schon vor längerer Zeit festgelegten Regeln eine, mit Hilfe unumstrittener Institutionen, weise ausgeübte Macht ausgeübt hätte, weil er scharfsichtig und mit guten Neigungen ausgestattet war. Ludwigs XVI erster Akt am Anfang seiner Regierungszeit war Maurepas, zu wählen. In dieser unseeligen Wahl können wir Fenelons Einfluss entdecken. So steht er also unverzüglich in der Gewalt eines sehr schlecht beeinflussten Staatsministers und Präsident des königlichen Finanzrates, Maurepas, der, wie sie wissen, jene Parlamente immer wieder gerufen hat, die es immerzu verhindert haben, dass jegliche Reform zur Rettung der königlichen Staatswirtschaft zustande kam. Eine allgemeine Besteuerung hätte schon am Anfang der Regierungszeit Ludwigs XIV bestimmt werden sollen. Trotzt aller Beschwerden die man ihr anlasten kann, war die Monarchie längst nicht imstande über dieselben steuerlichen Geldmittel unseres heutigen Staats zu verfügen. Die schlechte Lage dieser Staatswirtschaft wurde noch dazu durch den amerikanischen Unabhängigkeitskrieg verschlimmert. Dieser amerikanische Unabhängigkeitskrieg war in der allgemeinen Meinung, in den Salons, in den freimauerischen Logen und bei den Enzyklopädisten ein sehr populärer Krieg. In diesem Punkt hat Ludwig XVI auch der allgemeinen Meinung nachgegeben. Dieser Krieg hat eine Milliarde und zweihundert Millionen gekostet und diese erborgten Milliarde und zwei hundert Millionen, plus zwei Milliarden an bereits vorhandenen Schulden haben das Königreich an den Rand des Bankrotts geführt.
Maurepas und Turgots als Minister offenbarten erstmals die Machtergreifung von der Ideologie der Aufklärung. Turgot war ziemlich übler Ideologe. Sein Ediktbezüglich der Getreidehandelsrechte hat eine gewaltige spekulative Bewegung und den “Streit ums Brot” verursacht. Als fanatischer Verfechter dieser materialistischen Politik, für die die Volksregierung nur Geld, Handel, Getreide und Steuern bedeutet, war Turgot sehr stolz der Anführer einer Sekte zu sein, der er eigentlich nur als Werkzeug diente. Die Ideologen der Aufklärung, die nun an der Macht sind, wollen ihre Ideen aufzwingen, koste es was es wolle. Ideen, die sie für untrüglich gut halten, die es ihnen ermöglichen, “Gutes zu tun”. Diese Ideen sind eben das Richtige. Und, wenn es troztdem einmal nicht gut verlaufen sollte, kann die Schuld nicht an den Ideen liegen, sondern ausschliesslich an den Übeltätern die sich dagegen verschworen haben, dass die Dinge einen schlimmen Verlauf genommen haben. Und sollte das Volk das nicht begreifen, muss man eben das Glück gegen den Willen dieses Volkes schmieden. So weit also, zu den Ideen, die wir 1789 wiederfinden werden.
Turgots experimentelle Methode ist ein Misserfolg und deswegen, wendet sich Ludwig XVI von der Aufklärung ab, obwohl er noch immer der einen oder anderen Ideen anhängt. Ludwig XVI ist gegenüber der öffentliche Meinung sehr empfindsam auch sehr darauf bedacht über die Stimmung im Volk Bescheid zu wissen.. Leider besteht diese öffentliche Meinung von 1774 bis 1789, nur aus dem königlichen Hofstaat, der Stadt, der französischen Akademie und den Provinzakademien, den Salons, den Lesesäalen, den freimauerischen Logen, die Augustin Cochin später so genannte “Les sociétés de pensée” “die Denkergesellschaften” also die Intellektuellen nennen wird, wo sich nur Leute befinden, die ganz und gar von der Philosophie der Aufklärung geprägt sind. Im grossen ganzen, sind es nur wenig Leute. Infolgedessen läuft Ludwig XVI Gefahr, von seiner eigenen Umgebung manipuliert zu werden. Gerade weil Ludwig XVI auf die öffentliche Meinung, mit der er regieren will, viel Wert legt, wird diese die wichtigsten Entscheidungen seiner Regierungszeit beeinflussen.
Die folgenschwere Entscheidung die Ludwig XVI unter dem Druck der öffentlichen Meinung, zu lezt getroffen hat, ist die der Einberufung der Generalreichstände im Jahr 1788. Damit ist Ludwig XVI sehr unvorsichtig gewesen. Er hat es vesucht, seine Reformen vom Parlament absegnen zu lassen. Aber das Parlament hat sich Zeit gelassen und letzendlich nur einen Teil der Reformen angenommen und hat dem König das Versprechen abgerungen, dass er die Generalreichstände noch vor 1792 einberufen würde. Das war sehr unklug. Zu diesem Zeitpunkt hätte Ludwig XVI die Geistesgegenwärtigkeit gebraucht, den Mut zu einem Gewaltstreich zu finden. Mit einem Wort, er hätte einfach seine Macht behaupten sollen. Ein Vergleich mit Bonaparte ist natürlich abgedroschen, doch Bonaparte wird an einem bestimmten 18 Brumaire (Nebelmonat, 2. Monat des Kalenders der Französischen Revolution) z.B nicht solche Skrupel haben. Mit der Zeit hat Ludwig XVI es endlich eingesehen, in welchen Maßen er von allen Seiten getaüscht worden ist und erst recht, als die Religion und zwar das göttliche Gesetz besonders betroffen waren. Ziel war es,r die Macht des Königs und die katholische Kirche zu zerstören, letztlich notwendig zum Gemeinwohl. Die Generalreichstände von denen Niemand Anfangs 1787 sprach, sind dann Anfang des nachfolgenden Jahres in aller Munde. Nun ist der König nicht mehr Herr der Lage. Im August 1788, wird Ludwig XVI dazu gezwungen, die Einberufung der Generalreichstände für den 1. Mai 1789, anzukünden.
Es ist jedoch sehr unvorsichtig die Generalreichstände zu versammeln. Andererseits ist es ganz deutlich, dass die enzyklopädische Partei, die, ab 1788 zur patriotischen Partei wird, die Salons, “ die Denkergesellschaften”, sich nicht mehr mit einer traditionellen Versammlung der Generalreichstände zufrieden stellen wollen. Der Tradition nach, waren die Generalreichstände eine Art Hoher Ratsversammlung, die nur der König einberufen konnte, und der er Gehör schenkte indem er sich das Beschwerdenregister ansah, bevor er, auf Ehre und Gewissen, seine Entscheidung souverän, fällte. Für die Denkergesellschaften sollten diese Generalreichstände zu einer Nationalversammlung werden, eine Tagung der Nation, die sich nicht nur mit einer beratenden Funktion zufrieden stellen wird. Ludwig XV hatte das schon bereits geahnt. Jedesmal, wenn die Generalreichständen zur Sprache kamenwurde Ludwig XV sehr zornig. Eines Tages,- es war die Stunde des zu Bett Gehens des Königs-, hatte ein Höfling zu Ludwig XV gesagt : “ Ach Sie werden es erleben, dass all dieses Wirrwar den König dazu zwingen wird, die Generaslreichstände einzuberufen.” Das war 1769-1770, als die Parlamente viel Unruhe stiffteten. Was hatte der Höfling da zu sagen gewagt ! Dieser sah, wie der König sich mit einem dunklen Blick auf ihn stürzte, ihn beim Arm fasste und ihm sagte : “ Monsieur, ich bin nicht blutrünstig, aber, hätte ich einen Bruder , der solchen Ideen Ausdruck verleihen würde, würde ich ihn auf der Stelle um des Friedens Willen des Königreichs opfern. “ Ludwig XV war sich ganz und gar, dessen bewusst, dass während der zweiten Hälfte des XVIII. Jahrhunderts, eine Zeit die noch nicht reif dafür war, die Generalreichstände zu einer unberechenbaren Institution werden könnten. Die Generalreichstände einzuberufen, wäre also sehr unklug gewesen. Ludwigs XVI entschiedene Einberufung der Generalreichstände wird den Ausbruch der Revolution fördern und Schauplatz einer Gegenüberstellung von König und neuen Ideen werden.
Die Logik der Revolutionäre stellt einen Bruch mit der Vorstellung vom Menschen auch einen Bruch mit der Vorstellung von der Gesellschaft. Die Gesellschaft kommt dem Menschen nicht mehr natürlich vor, die Familie ist ihm nicht mehr natürlich, die Macht und die Hierarchien sind ihm nicht mehr natürlich. Für die Enzyklopedisten besteht die Gesellschaft aus seinzelnen Mitgliedern, die sich durch Vertrag zusammensetzen. Der Mensch ist ein isoliertes Einzelwesen. Und mit solchen Ideen, glauben sich die Revolutionäre geeignet, die katholische Kirche Frankreichs, durch eine zivile Kirchenverfassung des Klerus reformieren zu können. Auf diese Weise wird der Staat zu einer übergroßen Macht, die den Menschen nach Belieben formt, um es mit Tocqueville zu sagen. Der Mensch ist nicht mehr Abbild Gottes ; er ist nur noch mehr Materie, mit der man verfahren kann, wie man will. Und wenn es wirklich nicht möglich ist, die Natur des Menschen zu verändern, oder falls gewisse Individuen sich nicht verändern lassen, wenn die Propaganda nicht ausreichend wirkt, wenn also die revolutionären Unternehmungen nicht ausreichten, und der revolutionäre Zeitplan nicht langt, dann genügt es das schwache Menschenmaterial zu zerstören. Das wird in der Vendée die infernalischen Säulen besorgen, das wird den Terror besorgen.
Welches sind die Waffen, die die Revolutionären verwenden, um den Feind zu besiegen, den Sieg für die Ideologie zu erringen und anschließend den Machterhalt und deren Ausübung ? Systematische Lügen, den Feind unglaublich zu machen, der als schändlich darzustellen ist, physische Einschüchterungen, und man wird Versammlungen sehen, wo die Bevölkerung auf den Tribünen vorgeführt wird, und die Abgeordnenten am Ausgang zum Tode verurteilt sind. Ab Juni 1789 ist man bei der Einschüchterungsprozessen dieser Art behilflich.
Im Jahr 1789 hat Ludwig XVI, diesen revolutionären Gegnern die Stirn bieten müssen . Ab 5. Mai 1789, ist er aus mehreren Gründen den Dingen nicht mehr gewachsen. Erst einmal wendet sich Ludwig XVI an die Revolutionäre als wären sie “die Stellvertreter der Nation”, was die patriotische Partei in ihrer Stellung bestärkt ; andererseits setzt er den Generalreichständen leider keine klaren Linien fest. Aus welchem Grund ? In dieser kritischen Zeit befindet sich Ludwig XVI in schlechter Verfassung. Seit zwei Jahren hat der König keinen Mut mehr. Er verfällt regelmässig in eine Melancholie, die ihn fast zur Depression führt. Im Mai 1789 ist Ludwig XVI umso mehr deprimierter, als er als vorbildlicher Familienvater kurz davor steht, seinen todkranken Sohn, den Kronprinzen zu verlieren. In der Nacht vom 3. zum 4.Juni 1789, wird dieser Sohn in Meudon, sterben. Ab 17.Juni 1789 werden sich die Abgeordneten sich als “Assemblée nationale” also zur Nationalversammlung, ausrufen. Die Abgeorneten überschreiten somit ihre Funktion und ihre Vollmacht; eigentlich sind sie nicht befugt, sich zur Nationalversammlung zu erklären. Die höchste Staatsgewalt liegt in den Händen des Königs, der Statthalters Leutnant. Diese Tat ist ein echter Staatsstreich. Ludwig XVI reagiert, wie es sich gehört. Leider zu spät. Er beruft eine königliche Sitzung ein im Laufe der, er eine sehr ernste Rede hält. Er hätte diese Rede am 5. Mai, halten müssen. Leider kommt er mit dieser Rede 6 Wochen zu spät. Er hält den Abgeordneten das Reformprogramm vor, das Letztere zu einer gründlichen Überlegung hätten unterziehen sollen, bevor er es den zerstörerischen Initiativen des dritten Stands vorlegen wird, in gebieterischem Ton des Beschwerdeführers mit einem langen Register und auch den Abgeordneten androhen wird, sie wieder vor ihre Wähler zurück zu schicken. Aber Ludwig XVI stößt nur auf Fronde : Fronde eines Teils des Klerus, Fronde eines Teils des Adels, der sich dem dritten Stand anschliesst und der sich dem Gehorsam verweigert und Fronde mancher seiner Minister. Während der Rede des 23. Junis, war der allerwichtigste und populärste Minister, der Generalaufseher des Staatshaushaltes, Necker, abwesend gewesen. Sein Sitz ist leer geblieben und alle Leute haben es bemerkt. Alle Leute habens begriffen, dass Necker diese Rede nicht gut geheissen hatte. All das können wir auch Verrat nennen. Der Aufstand verbreitet sich allgemein aus. Die Leute gehorchen nicht mehr. Es herrscht eine aufgeheizte Stimmung mit zündeden Reden, Druck wom Volke aus, wie auch Demonstrationen vor den Versammlungen und Drohgebärden gegen die Abgeordneten, die nicht der patriotischen Partei angehören. InFolge dieser feindseeligen Stimmung, beginnt Ludwig XVI sich anscheinend ins Unabänderliche zu fügen, indem er von seinem “treuen Adel” und “seinem treuen Klerus” verlangt, sich mit dem dritten Stand zu arrangieren. Offensichtlich scheint er nachzugeben, jedoch bereitet er in derselben Zeit die Gegenoffensive, vor. Auf welche Weise ? Er lässt Einsatztruppen nach Paris zusammenziehen, um dortwieder Ordnung herzustellen. Danach beabsichtigt er, die Minister, denen er nicht mehr vertrauen kann, durch treue und entschlossene Männern zu ersetzen. Er will sich von Necker trennen. Gerüchte über Vereinbarungen betreffend den Grafen von Artois und Frau von Polignac gehen um. Als Paris von Neckers Ungnade erfährt, schlagen die Demonstranten mit ihrem Aufruhr los. Am übernächsten Tag wird die Bastille im Sturm genommen. Während dieser drei Meutereientage, ist sich Ludwig XVI ganz und gar bewusst, dass die Armee die er beauftragt hatte die Ordnung wieder herzustellen, nun jedwesen Gehorsam verweigert. Die Armee ist am Rande der Meuterei und unfähig, die Ordnung wieder herzustellen. Manche derer Unruhestifter haben die Seite gewechselt und sich den Demonstranten angeschlossen. Die Armee leistet nicht mehr Gefolgschaft. Die Demonstranten wussten es ausserdem, dass die Armee nicht schießen würde und waren, somit unbesorgt. Der Verrat ist allgemeinwärtig. Am Morgen des 15. Juli begibt sich Ludwig XVI zur Versammlung, um ihr mitzuteilen, dass er, die Einsatztruppen, die ihm nicht mehr dienlich sind, aus Paris abziehen wird. Am folgenden Tag, findet eine Beratung statt. Die Verhandlungen werden sich in die Länge ziehen. Was tun ? Aufgeben ? Widerstehen ? Wo und mit welchen Mitteln ?
Der Terror hat nicht im September des Jahres 1793 begonnen. Von dem Augenblick an, wo die Schildwachen anfingen, mit dem Kopf des Verwaltungsintendanten von Paris an der Spitze eines Spießes herumzuziehen, kann man mit einiger Sicherheit behaupten, dass, von nun an, eine gewisse Terrorstimmung herrscht. Ab Juli 1789, hat der König den Kampf endgültig verloren. Innerhalb von zwei Monaten, zwischen dem 5. Mai und dem 17.Juli, spielt sich die Revolution ab. Am 17. Juni war es dann um die Krone geschehen. Um alledem ein Ende zu bereiten, kamen dann die fatalen Oktobertage, während derer man den König abholen ließ, um ihn nach Paris zu bringen. In der Folge befindet sich die königliche Familie allmählich immer mehr von der Welt abgeschlossen und in Gefangenschaft.
Indem Ludwig XVI die Revolutionsideologie immer besser begreift, erwartet er zugleich, dass die Franzosen von den neuen Ideen entaüscht sein werden. Er beginnt Ansprüche zu stellen, die Macht zurückzuerobern. Das bedeutet auch Zeit zu gewinnen. Aber Ludwig XVI wird diese Zeit nicht mehr gewährt. Der Mann, der später die Vorteile dieser Enttäuschung erernten wird, heisst Napoleon Bonaparte, doch wird Napoleon sich Lezterer nicht um die Revolution auszurotten bedienen, sondern um diese noch tiefere Wurzeln schlagen zu lassen. Ludwig XVI ist sich der Reichweite des Übels vollkommen klar. Das Übel ist in den Gedanken und, in den Einsichten und wenn die Revolution sich mit solcher Leichtigkeit durchsetzen konnte, liegt der Grund darin, dass ein ideologischer Kampf eigentlich schon vor Beginn des politischen stattgefunden hatte. Es war ein intellektueller Kampf, den die Enzyklopedisten weit vor dem 5. Mai des Jahres 1789, gewonnen hatten. Er hat es sehr gut begriffen, wie und woher das Übel gekommen war.
Doch, während der Debatte über die Zivile Verfassung des Geistlichen Standes, ändert Ludwig XVI sein Verhalten. Von da an, war Ludwig XVI fest entschlossen, in religiösen Angelegenheiten nie und nimmer mehr Zugeständnisse zu machen. Die, von der gesetzgebenden Versammlung wider die kirchentreuen Priester gewählten Dekrete, die die Verbannung dieser Priester aus dem Königreich vorsahen, stoßen auf das Veto des Königs. Infolgedessen wird der Palast der Tuileries am 20. Juni 1792 bestürmt, um Ludwig XVI zu zwingen, dieses Veto zurückzuziehen. Aber er hält stand. Er bleibt unbeugsam. Er beharrt auf diesem mit solcher Unbeugsamkeit, dass die Revolutionäre in allen Regierungsbezirken wider jedes Gesetzt, die Initiative einer Verfolgung des Klerus unternehmen. Ludwigs XVI Unbeugsamkeit in dieser Angelegenheit, wird zu seinem Sturz am 10.1792 beitragen.
Das von Ludwig XVI einen Tag vor Varennes unterschriebene Testament, wurde in den Vereinigten Staaten gefunden und vom Museum für Briefe und Manuskripte in Paris erworben worden. In diesem aüsserst wichtigen Dokument, begründet Ludwig XVI seinen Untertahnen ausführlich, weshalb er sich diskret und im Geheimen aus Paris zurückgezogen hatte. “Franzosen, (beschliesst er), und besonders Ihr, Sie, die Pariser, nehmt Euch vor den Einflüsterungen und den Lügen Eurer falschen Freunde in Acht, kommt wieder zu Eurem König zurück, der immer Euer Vater und bester Freund sein wird. Und welche Freude er nicht haben wird, wenn er all diese persönlichen Schmähungen vergessen und sich wieder mitten unter Euch befinden, kann, wenn ein von ihm frei angenommenes Staatsgrundgesetz es zulassen wird, dass unsere heilige Religion geachtet wird, dass eine Regierung, die eine dienende Funktion einimmt, auf festem Fuss errichtet sein wird, dass der persönliche Besitz und das Wohl eines Jeden nicht mehr beeinträchtigt werden, dass man nicht mehr ungestraft gegen die Gesetze verstoßen, und dass die Freiheit endlich auf unerschüttlich festen Grundlagen beruhen wird”. Man weiss selbsverständlich von weiterem Verlauf : die Expedition, die Flucht des Königs nach Montmedy die, wie Sie wissen, in Varennes enden wird und damit auch eine ganze Epoche. Am 10. August 1792 werden die “sans culottes”, (ohne Kniebundhosen- radikale, untere gesellschaftliche Schicht), in Paris, die Tuilerien, wo die königliche Familie sich aufhält, im Sturm einnehmen. Früh am Morgen des 10. Augusts sind die von den Verbündeten aus der Bretagne und aus Marseille unterstüzten Pariser Reviere, in den Schlosshof eindringen. Ab dem ersten Gerücht über die lebensgefährliche Lage in der, der König stand, sind etwa hundert Edelmänner ohne Uniformen, also in Zivilkleidung zu den Tuilerien, geeilt. Sie hielten ihre Waffen unter ihren Kleidern verborgen, was ihnen den Namen “les chevaliers du poignard”, “die Ritter der Dolche” einbrachte. Wie um mutig und verzweifelt gegen die erzwungene Auswanderung zu protestieren, waren sie gekommen, um als ergebene Opfer für die Ehre Franreichs zu sterben. Manche baten die Königin darum, ihre Waffen zu berühren, damit sie siegreich davonkämen, andere baten sie um die Erlaubnis, ihre Hand küssen zu dürfen, damit sie eines leichteren Todes sterben können. Die Schweizer Garde eröffnete das Feuer, um die Menschenmenge auseinander zu treiben. Da kamen noch mehr Aufständische hinzu. Bald wird die Schweizer Garde hingemordet werden, jedoch war der König zu dieser Zeit schon nicht mehr im Palast der Tuilerien. Er hat den Waffenstiilstand befohlen. Mit seiner Familie flüchtet das Königtum in Agonie durch die Schlossgärten, vernichtet vor den Augen der Gegner, und findet im Schoße der Nationalversammlung Zuflucht. Während der König die Schlossgärten durcheilte, ging er mit festem Schritt und bewaährte vollkommene Haltung, jedoch hatte sich sein Unglück in seine Gesichtszügen eingeprägt. Die Königin war in Tränen aufgelöst, wischte sich von Zeit zu Zeit die Tränen ab und bemühte sich eine zuversichtliche Miene anzunehmen, die sie kaum ein paar Minuten bewahren konnte. Madame Elisabeth verhielt sich am ruhigsten : wie es ihr der Glaube eingab, hatte sie sich in alles dreingefügt. Als sie diese blutrünstigen Aufrührer erblickte, sagte sie : “All diese Leute sind von Sinnen. Ich möchte, dass sie bereuen und nicht dafür bestraft werden.“ Dann begibt sich Ludwig XVI unter Schutz der Abgeordneten, das heisst, er wirft sich mit seiner Familie und den ihm noch treu ergebenen Leute, in den Rachen seine so unerbittlichen Verfolgern. Der König und seine Familie werden in die kleine Loge, in der sich die Mitarbeiter der Zeitung “le logographe” versammelten, verbracht. Die Gitter der besagten Loge werden entfernt. Von draussen her, hört man den Aufstand. Von draussen her hört man die Kundgebung der Aufrührer, die in die Loge eindringen wollen. Sie haben sogar die anwesenden Abgeordneten, ausser Fassung gebracht. Die Anspannung hat den Höhepunkt erreicht.
Eine neue Macht dievon der Straße, aus den revolutionären Schichten, den Vereinenen enstanden war, hatte sich durchgesetzt. Es ist eine souveräne Macht die vom Bezirk und von der gestetzgebenden Versammlung unabhängig ist und die auf Exekutive, Legislative und Judikative allesamt für sich für sich in Anspruch erhebt. Diese neue Macht wird die Volksvertretung nicht beseitigen aber, sie wird sie durch Angst und Einschüchterung unter ihr Joch zwingen. Wir befinden uns nach der Revolution von 1789 einer zweiten Revolution gegenübergestellt. Nicht etwa derjenigen von 1793 sondern derjenige von August 1792, jener, die mit der Diktatur des Komitees des öffentlichen Wohls, enden wird. Eine letzte und sehr wichtige Klarstellung hinsichtlich dieser anderen Revolution ware, dass diese Revolution, die immer mehr oder weniger als eine volkstümliche, ja sogar rückblickend ein wenig vom Standpunkt der Theologie gesehen, als eine proletarische dargestellt wird, in Wirklichkeit eher eine bürgerliche ist.
Legen wir nunmehr unser Augenmerk wieder auf die politischen Angelegenheiten. Die Versammlung wird sehr schnell nicht die Abdankung sondern die Suspendierung des Königs anordnen. Vorläufig, wird ein Vollzugsrat bestellt; und es wird entschieden, einen NationalKonvent der mit verfassungsgebender Macht auszustatten ist, einzuberufen. Das zu erreichende Ziel ist die Gründung einer neuen Staatsverfassung. Was wird nun mit dem König, mit der Königin nebst dem Kronprinzen, Madame Royale, Madame Elisabeth und ihrer nächsten Umgebung geschehen ? Etwas muss doch für sie getan werden. Sie werden in einer Zelle im Kloster “les Feuillants“, (einem Zweig der Zisterziense, wo sich abgespaltete Jakobiner- Revolutionäre, “Feillants” genannt nach deren Kloster eingenistet hatten) das zu dieser Zeit noch der gesetzgebenden Körperschaft angehört, untergebracht. Madame Campan berichtet weiteres darüber: “ Ich glaube immer noch, so wird sie später in ihren Memoiren niederschreiben,” dass ich für immer und ewig diese kleine Zelle im Kloster der Feuillants und dieses erbärmliche Bettchen von dem aus, die entthronte Königin uns die Arme entgegenstreckte, indem sie uns sagte, dass unser Unglück, dessen sie Ursache ist, ihr eigenes vergrößern würde, vor Augen haben werde”. Ab diesem Moment, beginnt ein richtiges Kräfftemessen zwischen der Versammlung und dem Rathaus. Die Frage lautet : an welchem Ort soll der König untergebracht werden ? Die Versammlung schlägt eigentlich vor, ihn im Palast Luxemburg zu beherbergen, in dem bis dahin Monsieur, der älteste Bruder des Königs traditionsgemäß, seinen ständigen Wohnsitz hatte. Die Kommune würde den Tempel bevorzugen, nahe dem sich ein schönes Schloss aus dem 18. Jarhundert befindet, in dem Ludwigs XVI jüngster Bruder, der Graf von Artois einst wohnte. Aber da steht ebenfalls ein alter Turm aus dem Mittelalter; und als Marie-Antoinette davon hörte, sagte sie zu Madame de Tourzelle : “Sie werden sehen, sie werden uns in diesem Turm stecken und zu einem richtigen Kerker für uns machen. Seit je her, hatte ich eine solche Abscheu vor diesem Turm, so dass ich Monsieur, den Grafen von Artois schon tausend Mal darum gebeten habe, ihn abreissen zu lassen. Das war sicher eine Vorahnung von all dem, was wir darin zu erleiden haben werden.” Der weitere Verlauf der Ereignisse wird ihr recht geben. Am 13.August, abends um 6 Uhr wird die von mehreren Tausenden Soldaten zu Fuss und auf Pferd umzingelte königliche Familie in einem Wagen den Tempel erreichen. Der Tempel und das Kloster der Feuillants liegen zwei Stunden voneinander entfernt. Man kommt in einem hell beleuchtenten Haus an. Im Palast des 18. Jahhundert ist ein großartiges Abendmal auf dem Tisch. Da fühlt sich Ludwig XVI ein wenig beruhigt. Er fängt an, seinen Begleitern die Kammern zuzuteilen. Da teilen ihm die Kommunenvertreter ihm auf unerbittliche Weise mit, dass die Familie eigentlich im alten Turm, dort hinten im Garten, inhaftiert sein wird. Die Königin hatte Recht behalten. Von nun an, ist ihre Familie in dem Tempelturm, den sie so verabscheute, eingesperrt. Danach wurden sie alle fürs erste, in den kleinen an dem großen angebauten Tempel beim Archivar des Malteseordens einquartiert. Acht Kommunenwächter haben die Aufsicht über die Gefangenen. Einige dieser Wächter werden sich aüsserst gemein verhalten. Da denke ich insbesonde an Jacques Roux, einen konstitutionnellen Priester, der sogar soweit geht, nachts revolutionäre Hymnen zu singen. Es gibt noch einen anderen, namens Mercereau, einen ehemaligen Stuhlträger in Versailles, der es sogar wagte, im Kanapee der Königin und im Sessel des Königs zu lümmeln. Der Pförtner, so wird erzählt, hatte die Tabakswolken seiner Pfeife ins Gesicht von Madame Elisabeth, Ludwigs XVI Schwester geblasen. Von nun an, wird die königliche Familie, ich sollte eigentlich die “ehemalige königliche Familie” sagen-, in diesem Tempelturm in einem Klima der Angst, jedoch zugleich auf paradoxe Weise in schlichter Umgebung von innigen Familienbanden zusammengehalten leben. Der König hört seinem Sohn zu, wenn dieser Stellen aus Corneilles und Racines Werken, rezitiert. Die Königin und ihre Schwägerin bringen Madame Royale die Stikerei bei. Man nimmt ein einfaches Mittag- und Abendessen ein. Nachmittags spaziert die Familie traurig im Hof. Abends nach dem Abendmahl lässt Ludwig XVI seinen Sohn, den Thronfolger folgendes Gebet aufsagen : “ Gott, Allmächtiger, der mich erschaffen und gerettet hat, ich bete Sie an. Bewahren Sie die Tage meines Vaters und meiner Familie, beschützen Sie uns vor unseren Feinden, geben Sie Madame Tournel die nötige Kraft, dass sie die Qualen, die Sie unseretwegen auf sich nehmen muss, ertragen kann.”
Ausserhalb des Lebens im Tempel ist die neue Regierung auf Schwierigkeiten gestoßen. Die junge Republik muss mit vielen Verwicklungen fertigwerden. Die österreichisch - preuBischen Truppen stoßen bis an die Grenzen des Landes vor. Am zweiten September wird bekannt, dass Longwy gefallen und Verdun umzingelt ist. In diesem gefahrvollen Klima werden die “massacres de septembre” (die Septembermassaker) anfangen. Wie Sie wissen, werden insgesamt 1400 Gefangene, darunter viele Royalisten umgebracht. Heute ist bekannt, dass diese Massaker, nicht spontan verübt wurden, wie man lange glaubte, sondern dass sie, von einer bestimmten Gruppe von Demagogen aus der Kommune absichtlich angestachelt wurden, um die Girondisten unter Druck zu setzen und bei den Wahlen zum neuen Konvent den Ausschlag auf der Waage zu geben.
Nun gestatte ich mir, so ganz nebenbei, eine Zwischenbemerkung über die Prinzessin von Lamballe, einer treuen Freudin Marie-Antoinettes, die sich jedoch aus einer momentanen Schwäche heraus in die Freimaurerei hineinziehen ließ. Ob sie von deren Bestrebungen wusste ? Das Ziel dieser Sekte war dazumals, einige Höflinge, besonders jene, die der königlichen Familie nahestanden, für sich zu gewinnen. Die Prinzessin liebte Feste. Man packte sie bei ihrer Schwäche… Leichtlebib wie es ihre Natur war, verstand sie nicht, was sich in den Logen an Verschwörung abspielte und es öffneten sich ihr erst die Augen als die Revolution bereits mitten im Gange war. Da nahm sie sich, mir scheint, zusammen um den Schaden gutzumachen den sie unbewusst angerichtet hatte. Im November 1791 ergriff sie die Initiative, um die an den Herden der Verschwörung notwendig gewordenen Überwachung zu übernehmen. Da sie wieder redlich und getreu zur guten Sache zurückgekommen war, schwor die Verschwörungssekte, sie dies mit dem Leben bezahlen zu lassen. Die Prinzessin von Lamballe war eine dieser Personen, die der königlichen Familie während der vorhin erwähnten Ereignisse des 10. August 1792, bis zur Versammlung, und darauf noch einige Tage lang im Tempel, mit größter Tapferkeit, folgte. Im Laufe der Nacht vom 19. Auf den 20. August, wurde sie ins Gefängnis de la Force überwiesen, um dort eins dieser Opfer der Septembermassaker zu werden. Der im Gefängnis de la Force tätige Gerichtsschreiber namens Fieffé, nahm Frau von Lamballe ins Verhör. Danach kam sie vor die Scharfrichter, die sie über die Königin ausfragten ; aber, sie beschränkte sich nur auf folgende Antwort : «Ich habe Ihnen nichts zu sagen. Ob ich über kurz oder lang sterbe, ist mir gleichgültig geworden. Ich bin ganz und gar darauf vorbereitet. » Dann schleppte man die Prinzessin in diesen Winkel der Rue des Ballets, wo diese Straße das Gefängnis de la Force von der Rue Saint Antoine abtrennte und die einst im Jahr 1792 eine Sackgasse genannt « le cul de sac des prêtres », (« die Sackgasse der Priester ») war. Dort traf sie ein erster Säbelstich im Nacken, der sie auf einem Leichenhaufen landen ließ. Dann, als diese Freudin der Königin durch Spieß und Säbelstiche getötet worden war, stellte man ihren schönen Körper den lusternden Blicken auf der StraBe zur Schau und lieferte ihn solchen Niedrigkeiten aus, dass sogar Kannibalen darüber erröten würden. Sogar der Tod war solchen Vergehen gegen die Sittlichkeit gegenüber, eine machtlose Beschützerin geworden. Dann schnitt man der Prinzessin die Brüste, andere Körperteile und den Kopf mit Messern ab, setzte diese blutenden Überresten auf die Spitze der Pfeile und dann schnitt man ihr noch die linke Seite auf. Eine Männerhand griff in die offene Wunde, riß das blutende Herz heraus, das ebenfalls auf einer Lanzespitze endete, und führte es sodann in den Straßen zur Schau vor. In einem Satz überschritt diese Zivilisation die Grenze zu den grausamsten Greueltaten ; und, dieses achtzehnte Jahrhundert, das immerzu so stolz auf seine Aufklärung und seine Menschlichkeit vorgestellt worden war, endete im Kannibalismus.
Der 20. September ist der Tag des Sieges von Valmy, über den ich nicht zurückkommen möchte. Dieser Sieg ist das Signal eines militärischen Umschwungs zu Gunste der jungen Republik. Zu diesem Zeitpunkt zählt der frisch erwählte Nationalkonvent eine bestimmte Zahl von Extremisten, wie Robespierre, Danton, Desmoulin, Marat. Von da her versteht man nur allzu gut, dass diese Versammlung sich Ludwig XVI von vornherein feindselig zeigt. Infolgedessen sind nunmehr die Royalisten, die Anhänger des Nationalkonvents usw, allesamt aus der Versammlung verschwunden. Einst stellten die Girondisten die Linke im Versammlungssaal, dar. Jetzt kann man sagen, dass sie die Rechte repräsentieren und dass die Linksradikalen nebst den Mitgliedern der Berpartei (radikaler als die Girondisten) weitaus zur Mehrheit gehören. Am 21. September wird die Republik öffentlich bekannt gegeben, und, das bedeutet ein vollständiger Übertitt in eine neue Ära, eine Ä.R.A, wenn ich sie so nennen darf. Die Gefangenen im Tempel werden in den großen Turm überwiesen. Am 29. September wird Ludwig XVI, am ersten überwiesen. Am 26. Oktober folgen ihm die Damen. Zu diesem Zeitpunkt, wie ich noch sagen muss, haben sich die Kerkerverhältnisse beträchtlich verhärtet. Ludwigs XVI treuer Diener, Monsieur Hue, ist aus seinem Dienst entlassen und durch den verrufenen Clery ersetzt, worden. Alles war ins Werk gesetzt worden, um des Königs inneren Halt anzugreifen. Es gibt zahlreiche herzerreißende Zeugenaussagen über die Innigkeit mit der der König mit seinen Dienern in Verbindung stand.
Das trostlose Leben im Tempel scheint weiterzugehen, tag aus, tag ein, immer Ängstenerfüllter, immer mühsamer weiter. Dann findet es sich, dass man während den Plünderungen in den Tuilerien, in den Räumen wo die Register aufbewahrt waren, Schriftstücke in Hülle und Fülle beschlagnahmt hatte, die dazu reichen könnten, um ein Gerichtsverfahren einzuleiten. Am 1.Oktober gründet der Nationalkonvent, eine Kommission die 24 Mietglieder zählt, die, in einem von Hass und Eifer erfüllten Klima mit dem Inventar dieser Schriftstücke beauftragt waren. Am 6.November wird die Kommission ihre Berichtserstattung über die Verbrechen von “Louis Capet”, so wie ich ihn leider nennen muss, ergeben. Am Tag darauf, am 7. November, wird der Rechtsanwalt namens Maille eine gerichtliche Meldung weiterleiten. Die Kommission soll, Ludwig das Urteil sprechen, die Debatten im Nationalkonvent sollen derer gerichtlichen Meldung, entsprechend geführt werden. Der Redner, der sich insbesondere aus der Menge unterscheidete, ist ein fünfundzwanzigjähriger Mann, der feurige und berühmte Saint Just, ein Freund vom gemeinen Robespierre. Er ist der fanatischste Partisan, der für eine Tötung ohne Frist des so genannten “Tyrannen” spricht, jedoch bleiben andere Abgeordnete der entsprechend, mäßiger. Dann kommt eine unerwartete Wendung : der berühmte Innenminister namens Roland lässt dem Nationalkonvent wissen, dass in den Tuilerien ein Flur zwischen dem Zimmer des Königs und dem Zimmer des Kronprinzen aufgefunden worden ist. Aus dem Fund eines, mit einer Eisentür geschlossenes Versteck, entsteht die bekannte Geschischte des Eisenschranks. Der Schlosser namens Gamin soll die Existenz dieses Schranks ans Licht gebracht haben. Man gründet sofort eine neue Kommission mit 12 Mitgliedern, die, in den ihnen zum aussortieren überlassenen 726 Schriftstücken, eine Menge von schwer belastenden Notizen finden, die es dazu bringen könnten, Ludwigs XVI Doppelzüngigkeit besonders in kirchlichen sowie natürlich auch in diplomatischen Anglegenheiten, beweisen zu können. Aber dann, infolge einer ziemlichen Menge anderer Schrifstücke unter den schon Aufgefundenen, stellt man auch Mirabeaus Persönlichkeit in Frage, dann nimmt man seine sterbliche Hülle, die bis jetzt im Pantheon begraben lag, heraus. Hier, Madame Campans Zeugenaussage über die Auffindung des Schranks : “Der König besaß eine Unmenge von Urkunden und kam leider auf den Gedanken, im Korridor seiner Wohnräumen ein Versteck von einem Schlosser, der seit über zehn Jahren an seiner Seite arbeitete, einrichten zu lassen. In meiner Gegenwart forderte die Königin ihn auf, Nichts im Schrank zurückzulassen, und, um sie zu beruhigen, erwiderte ihr der König, dass er Nichts zurückgelassen hatte. Das sind Schriftstücke, behauptete die Königin, die, ihm, im Falle eines Gerichtsverfahrens, sehr verhängnisvoll sein könnten.” Wie kann man, das Vorhandensein so einer Unzahl von beträchtlichen Schriftstücken in diesem zweckmäßig aufgefundenen Versteck erklären ? Obendrein kann jedes einzelne Schrifstück den Girondisten zum Unglück werden, zumal, dass der Innenminister namens Roland, wie man es bemerken muss, sich am 20. November Stunden lang in den Tuilerien aufgehalten hat und das noch, bevor er sich dem Nationalkonvent vorgestellt hat. Hat er vielleicht den Inhalt des Schranks ausgemerzt, oder im Gegenfalle, von anderswoher aufgesammelte Dokumente, hinzugesetzt ? Eins ist auf alle Fälle sicher : schließlich hatte er zu dieser Tat die Zeit und mit Sicherheit auch die Veranlagung dazu… Bemerken Sie sich noch was aüsserst Wichtiges überdies : in der Tat ist es dieser Fund, der den Gedanken an einen Prozess wieder aufleben lassen wird. Infolge des verübten Drucks der, an die Bergpartei angehörigen Redner, aus, beschließt der Nationalkonvent, Ludwig XVI, das Urteil zu sprechen. Am 10. Dezember wird die Anklageschrift, bettittelt mit “Ludwig Capets Verbrechen” in der Versammlung vorgelesen. Nun haben wir einen Vorgeschmack auf die gesamte Atmosphäre. Am folgenden Tag wird Barbarous eine historische Übersicht über diese, in der Zeitspange von 1789 bis August 1792, angeblich ausgeführten, begangenen Verbrechen geben. Zu diesem Zeitabstand hat man Ludwig sein Rasiermesser, seine Schere und sogar seinen Kompass beschlagnahmt ; so ist er nun wahrhaftig ein Staatsgefangener geworden, über den man beurteilen kann und wird. Am 11. Dezember steht der König, wie gewöhnlich, um 7 Uhr auf, dann macht er mit dem Kronprinzen ein Siamspiel. Darüber berichtet Clery eine Anekdote ; er erzählt, dass der König das Spiel gewonnen hat, und der Thronfolger soll gesagt haben : “Jedesmal, wenn ich auf die Sechzehn treffe, kann ich nicht gewinnen.”
Um 13 Uhr kommen die Beauftragten des Nationalkonvents endlich an, dann liest man dem abgesetzten Herrscher die Regierungsverordnung vor, die anordnet, dass “Ludwig Capet” in den Nationalkonvent gebracht werden wird. Hier anschliessend, die Antwort des ehemaligen Königs : “Ich heisse nicht Capet, nur meine Vorfahren haben diesen Namen getragen; ich hätte mir gewünscht, dass Sie, die Herren Bevollmächtigten, mir, während den zwei Stunden in denen ich auf Sie gewartet habe, meinen Sohn gelassen hätten. Auch dieses Ihrer Verhalten ist eigentlich dessen gleich, die ich seit vier Monaten hier erdulden muss. Ich werde Ihnen folgen, aber nur, weil die Macht in die Hände meiner Feinde geraten ist.” Dann bringt man ihn vor die Machenschaften, und er wird sich mit blauem Gewand und hautfarbigem Gehrock bekleidet, abgezehrt, mit einem dreitägigen Bart und immer noch sehr groß, vor das Gericht stellen. Man darf nicht vergessen, dass Ludwig XVI 1m, 90 gross war. In diesem und ab diesem Augenblick kann man behaupten, dass nun ein Prozess im Gange ist, ja ein aüsserst verhängnisvoller Prozess, während dem der König im Laufe der Vernehmungen, besser gesagt, im Laufe der Gerichtssitzungen sich einer vollkommenen Höflichkeit erwies. Dabei zitiere ich die von Marat persönlich geschriebenen Worte : “Hundertfach hat er sich Capet rufen gehört, ohne ärgerlich zu werden er, der immerzu den Namen Majestät im Gehör hatte und in der Zeit, in der, man ihn aufrecht stehen gelassen hat, hat er, der, in Gegenwart dessen, einst Niemand das Privileg hatte sich zu setzen, nicht im geringsten die Geduld verloren. Als Unschuldiger wäre er in meinen Augen, ein groBer Herr.” Ich bestehe unbedingt darauf, dass Marat diese Zeilen selbst aufgesetzt hat. Dann, noch bevor Ludwig XVI sich zurückziehen wird, bittet er um einen Verteidiger. Noch am selben Abend, um 18 Uhr 30 geht Ludwig XVI in den Tempel zurück, dort sagt er zu Clery : “Auch nicht in meinen Träumen hätte ich mir diese Fragen, die mir gestellt worden sind, vorgestellt.” Man genehmigt ihm zwei Rechtsanwälte : Tronchet, der auf laue Weise zusagt, Target der sich der Verteidigung entzieht und letztendlich wird Malesherbes Ludwig XVI verteidigen Immerhin ist der König sich dem, was auf in zukommt ganz und gar bewusst. ”Mein Blut wird fließen, um mich dafür zu bestrafen, dass ich nie kein Blut flieBen gelassen habe.” Am 12 Dezember untersucht der Nationalkonvent gründlich die Unverfälschtheit der, vom Angeklagten nicht anerkannten Dokumente, danach wird man es nicht zulassen, dass diese Dokumente noch über Sachverständigenuntersuchungen überprüft werden. Man versucht den König von der Welt und in erster Linie von seiner Familie zu trennen. “Man muss also dem letzten Opfer zubeistimmen.” sagt er. Von seinen Rechtsanwälten unterstützt, fechtet er sich, Schritt für Schritt, durch, doch ohne Illusionen. Die letzte Vorladung und die allerletzten gerichtlichen Verhandlungen werden auf den 26. Dezember festgelegt. Wie kann man in so geringer Zeit plädieren, da 40 Anklagepunkte nebst 508 Prozessakte vorhanden sind und da auch noch, die meisten darunter nicht einmal eingeordnet sind ? Mittlerweile wählt der Nationalkonvent für die Verbannung der ehemaligen Prinzen von Bourbon, man darf auch keine Zeit verlieren, denn einer von ihnen ist der Bergpartei nahestehende Prinz Philippe-Egalité, und deswegen wird die Entscheidung vertagt. An Weihnachten stellt der mit Besorgnis erfüllte Ludwig XVI sein Testament auf, von dem ich Ihnen später erzählen werde. Am 26 Dezember, als man ihn im Wagen wieder zur Gerichtsschranke zurückbringt, fällt ihm auf, dass der Gerichtsschreiber seinen Hut angelassen hat : “Das letzte Mal als ich Sie gesehen habe, Monsieur, haben Sie Ihren Hut nicht aufgehabt, sagte er, ich sehe, dass Ihr heute sorfältiger gewesen seid.” Es ist Deseize, der die letzten Worte des Plädoyers aussprechen wird : “Ich lasse es vor der Geschischte bewenden, und es wird sie sein, die, die Richter zu Gericht setzen wird.“ Zu diesem bestimmten Zeitpunkt kam es zwischen den Girondisten und der Bergpartei zu einer richtigen Scheidung. Am 7. Januar sind die Debatten endgültig abgeschlossen und die Verhandlung wird auf den 14. Januar vertagt. Am 15. Januar werden die Mitglieder des Nationalkonvents auf drei Fragen antworten müssen.
Erstens : soll Ludwig Capet, ehemals König der Franzosen, einer Verschwörung gegen die Volksfreiheit und gegen die allgemeine Staatssicherheit schuldig sein ? Zweitens : soll das Urteil des Nationalkonvents über Ludwig Capet einer Volksabstimmung zur Beurteilung unterbreitet werden ? Drittens : ist Ludwig, ehemaliger König der Franzosen straffällig geworden ? Auf die erste Frage : aus 741 Stimmen gegen 691 fällt die Antwort auf ein. JA, nachträglich wird er für die Verschwörung schuldig erklärt. Auf die zweite Frage : soll man das Urteil des Nationalkonvents einer Volksabstimmung unterbreiten, fällt ein NEIN, und da sehen Sie, dass die Republik von Anfang an, der Volksabstimmung nur ein wenig zugetan war. Letzt endlich wird das Urteil, vom 16. Januar um 10Uhr30, bis spät in den Abend des 17 Januar endgültig abgestimmt werden. Im Großen und Ganzen haben sich die gerichtlichen Verhandlungen über mehr als 17 Stunden hinausgezogen. 319 Stimmen entscheiden für die Verbannung, 366 Stimmen entscheiden für den Tod auf kurze Frist, das bedeutet also, dass eigentlich nur eine kleine Mehrzahl der Stimmen für den Tod abgestimmt hat. “Nur Pflichtbewusst und davon überzeugt, das all die, die einen Anschlag verübt haben oder die nach der Herrschaft des Volkes getrachtet haben, den Tod verdienen, wähle ich für den Tod.” hat der Vetter des Königs Philippe von Orléans-Egalité verkündet. Nach Ende der Abstimmung hat Vergniaux, der Versammlungsvorsteher gesagt : “Im Namen des Nationalkonvents erkläre ich, dass, das Urteil, dass er über Ludwig Capet gefällt hat, der Tod ist. »
Es ist Malesherbes, einer seiner Verteidiger, der das peinliche Aufgebot gehabt hat, dem König mitzuteilen, dass die Berufung ablgelehnt worden ist «Ich habe, wird er berichten, sein edles Wesen, seine unerschüttlerliche Kaltblütigkeit, mit der er sich mein Bericht anhörte, die Resignation mit der er das Opfer seines Lebens brachte und zugleich sein Mitgefühl für das Unglück derer, die ihm zu überleben, verurteilt waren, seine Dankbarkeit für jene, derer er sich immer noch verpflichtet fühlte, und, zu gleicher Zeit seine Nachsicht über jene, die sich viel vorzuwerfen haben, gesehen.” Infolgedessen, und jedesmal, wenn der König zum Tempel zurück wollte, wird Malesherbes ihn dorthin begleiten. Anschließend hatte Ludwig um drei Dinge gebeten : einen Beichtvater, Schutz und Sicherheit für seine Familie und sein Personal, und eine Hinrichtungsfrist für drei Tage, um sich christlich zum Sterben vorbereiten zu können. Der Beichtvater wird ihm bewilligt. Er heisst Edgewort von Firmon. Schutz und Sicherheit und Unterhaltsrenten werden ihm gewährt, aber die Hinrichtungsfrist bleibt ihm versagt. Es ist Garat, der es ihm mitteilen muss : “Großer Gott, mit welchem schrecklichen Aufgebot bin ich nur aufgebürdet worden, wird er erzählen, und welch ein Edelmann, welche Resignation, welchen Mut ! Nein, die Natur allein hätte ihm, nicht solche Kraft verleihen können, da ist etwas Übermenschliches geschehen.” Und, um nicht zuviel in den Katen weinen zu lassen, gehe ich hinweg über sein Abschiednehmen mit seiner Familie, über die Schluchtzen und die unterdrückten Schreie dieser, vor dem Königsmord, zum letzten Mal , vereinten Familie.
Nun kommen wir zum Montag den 21. Januar 1793. Ludwig zittert ein wenig, aber vor Kälte ; die Tür wird aufgerissen, der General Santerre, mit Gendarmen befolgt, die er dann im Doppelglied aufstellt, stürmt lärmend ins Zimmer hinein. “Sie kommen mich abholen” ? Fragt der König. “Ja” , “Dann gebt mir noch eine Minute, bitte”, sagt der König und eilt zum kleinen Turm, in das Zimmer, wo er sein Testament gelassen hat. Sein Beichtvater, der Abbé Edgeworth von Firmont befindet sich da ; Ludwig macht die Tür zu, fällt auf die Knie “Alles ist vollendet, Monsieur, erteilen Sie mir Ihren letzen Segen und beten Sie zu Gott, dass er mir bis ans Ende beistehe.” Der Verurteilte geht zum Tisch, nimmt das darauf liegende Testament, das er schon am Weihnachtstag aufgestellt hatte ; er verlässt dann das Zimmer und überreicht es einem der Kommunaloffiziere : “Bitte, geben Sie es der Königin, meine Gattin.” sagt er, aber der Kommissar antwortet : “Wir sind nicht gekommen, um Ihre Aufträge zu besorgen, sondern, um Sie zum Schafott zu bringen !”
Der König schaut ihn eine Minute an, dann antwortet er : “Richtig” Ein anderer Kommunaloffizier eignet sich das Testament an, dann beginnt man, unter Trommelwirbel, die Treppe herunter zu steigen. Man überführt ihn durch den mit Pfählen bespickten Garten ; zweimal dreht er sich zum düsteren Turm um, wo, in der dritten Etage, hinter den Fenstern, hinter den holzernen Lampenschirmen, zwei Frauen und zwei Kinder lauern und allem zuhören. Ludwig XVI wird nicht, wie, leider später im Oktober des selben Jahres, die Königin Marie-Antoinette, in der Karre der zum Tode Verurteilten, sondern in einem Wagen und nicht irgendeinem Wagen, zum Schafott gebracht. Der Wagen gehört dem Bürgermeister von Paris namens Chambon. Chambon gehört diesen unzähligen Leuten an, die sich im Kontakt mit dem König, sagen wir, bekehrt haben, und diese Bekehrung wird darin in Erscheinung treten, dass man doch noch ein kleines Etwas für den König tun möchte und so gelingt es Chambon, dass Ludwig XVI nicht in der Karre sondern in seinem eigenen Wagen zum Schafott geführt wird. Er leiht seinen Wagen, der am 21. Januar an einem sehr kalten Morgen aus der rue du Temple (die Tempelstrasse) fährt. Es hat geregnet, es hat geschneit, die Straßen sind noch mit Schnee überfüllt, es herrscht Nebel, es ist ein Wetter, das den Umständen angebracht ist.
Dann geschiet ein Ereignis, das man nur zu wenig erwähnt. Es gab ein Häufchen Getreuen, die geschworen haben, den abgesetzten Herrscher zu entführen, und versucht haben, ihn der Hinrichtung zu entziehen. Der Kopf dieses kontrarevolutionären Komplotts ist der Baron von Batz. Der Name schreibt sich B.A.T.Z und spricht sich Basse, aus. Er ist einer derer, die zur Zeit des Zusammenbruchs der Monarchie emigrieren werden. Für den Baron von Batz, für diesen Mann, wenn man so sagen darf, ist die Monarchie die einzige Daseinsberechtigung seines Lebens ; er ist ein treuer Unterstützer der königlichen Familie. Ausserdem kommt er am 1. Juli 1792 nach Paris zurück und man kann auch, in Ludwigs XVI Rechnungsbuch weiteres lesen : “Ist zurückgekommen, perfektes Benehmen von Monsieur de Batz, dem ich noch 512 Pfund schuldig bin.” schreibt er nieder. Nun kommen wir wieder auf den 21. Januar, Ludwigs XVI Tag der Hinrichtung, zurück. Auf dem ganzen Geleitweg entlang, bis zur Place de la Revolution (Platz der Revolution), heutzutage Place de la Concorde (Platz der Eintracht) genannt, hat sich eine große Menschenmasse zusammengezogen, um den Wagen mit dem König sehen zu können. Doch, nun, an einem Winkel der rue de la Lune (die Mondstraße) hört man plötzlich ein Tumult ; dort hatte der Baron von Batz Stellung bezogen ; es war ihm gelungen ungefähr 500 bis 600 Royalisten zu überzeugen, zusammenzubringen, und zu finanzieren, Royalisten, die sich an diesem Morgen der Hinrichtung des Königs, an diesem bestimmten Ort und auf Signal des Barons auf den königlichen Wagen stürtzen sollten und jene, die sich ihrer Tat entgesetellen sollten, allesamt töten. Ihr Ziel war : den König zu befreien. “Kommt zu uns Freunde, die unseren König retten wollt !” so lautete die Losung und so lautete das Angriffswort zur Offensive des Baron von Batz “Kommt zu uns, rettet den König !” Ehrlich gesagt, ist diese Offensive ein richtiges Fiasko, gut, es haben eine Rauferei, einen Schusswechsel stattgefunden, und es hat sogar einige Tote gegeben, nur die meisten der jungen beigerufenen Royalisten sind um 3Uhr morgens von Gendarmen, die sich in ihren Wohnungen einquartiert hatten und die unter ausdrücklichem Befehl, sie vor Mittag nicht rausgehenzulassen standen, festgenommen worden. Die Verschwörung war entdeckt worden.
Später werden die Urheber dieses Komplotts, allesamt mit roten Hemden bekleidet, auch als Spielball der pariser Straßenpflaster zum Schafott geführt. Es ist ein schrecklicher Aderlas, der dort stattfinden wird und der in die Geschischte unter der Bezeichnung “messe rouge” , “die rote Messe” eingehen wird. Während diesem Zeitpunkt wird die Zahl der Hinrichtungen ansteigen, und bei den Revolutionären schleicht sich ein richtiger Kult für das Spektakel, das die Guillotine darbietet, ein. Manche werden sagen “ Lasst uns zu Füßen dieses Opfertisches gehen, um die rote Messe zu preisen !” Das sind aufschlussreiche Worte die stetig die teufliche Natur dieser Revolution, die uns immerzu, als Beiträgerin zum Fortschritt dargestellt wird, bestätigt.
Es ist sehr schwer in die geheimen Machenschaften und in die Einzelheiten dieser allerletzten Angriffsbewegungen einzugehen, die, zum Zeitpunkt der Gefangenschaft der königlichen Familie im Tempelturm und danach auf dem Weg, der Ludwig XVI zum Tod führte, ausgeheckt worden waren. Es war oft die Frage angeregt worden, dass man sich zum Tempel begeben könnte, um sich mit dem König und der Königin auszutauschen, um ihren Platz einzunehmen, so dass sie, auf still schweigende Weise evakuiert werden könnten. Das lässt uns leise lächeln… wenn man der Sicherheit gewahr wird, die diese Gefangenschaft im Tempel umgibt ; immerhin gibt es 400 Mannschaften in Waffen und noch dazu 40 Personen, die im Tempel umlaufen und diese Leute werden sehr sorfältig ernannt, sind zuverlässig und sind von der aufständigen Kommune von Paris empfohlen, worden. Man weiss auch, dass die aufständige Kommune von Paris rein aus richtigen Extremisten besteht, die Ludwigs XVI unerbittlichsten Feinde sind und die allesamt von Anfang an, an den Aufständen mitwirkten. Es werden auch Guckfenster ausgearbeitet, und überdies, gibt es auch noch Leute, die dazu beauftragt sind, die Überwacher zu beobachten. Da befinden wir uns in einer Terrorstimmung : jeder spionniert jeden aus und ein jeder wird sich einander denunzieren, was zum Beispiel François Hue und nachträglich Cléry zustoßen wird. Die Tison, zum Beispiel sind da am angeführten Ort um festzustellen, ob die Aufseher gute Arbeit leisten. Da geschiet noch etwas : eine gewisse Anzahl von Aristokraten stellen fast öffentlich den Antrag an, Ludwig XVIs und Marie-Antoinettes Stelle im Tempel einzunehmen, so irgendwie als Geiseln oder an ihrer Stelle die Gefangenen selbst, zu werden. Aber, so denke ich, kann man es gut verstehen, dass sowas auf jede Weise nur scheitern konnte darum das, was die Revolutionären umstürtzen wollten, war nicht einfach nur ein König, sondern insgesamt eine katholische und königliche Tradition, in Person des christlichen Staatsoberhauptes, der Beschützer der Kirche, so denn, muss man schon so weit auf den Grund gehen, um die französische Revolution verstehen zu können.. Die Revolutionäre, die ihrer eigenen Saüberungsaktion überleben werden, werden sich mit Bonapartes Beschlagnahme auf Frankreich zufriedenstellen ; sie werden zu Barone und Grafen des Kaisertums genannt werden. Es ist nicht das monarschische Prinzip an sich selbst, das sie stört, sondern, es ist dieses Bündnis, das die kapetingische Monarchie mit der katholischen Kirche pflegte, das Bündnis zwischen Thron und Altar, das sie von Grund aus ablehnen.
An diesem 21 Januar 1793 haben wir immerzu, diese Trommelgeschischte mit Santerre und diese gescheiterte Rede des Königs, in unserem Gedächtnis. Der König hatte es vorgehabt, seinem Volk eine Rede zu halten. Ludwig XVI war immer auf sein Volk bedacht gewesen; ja, so ist es immer gewesen, von Anfang an strebte er danach, dass zwischen ihm und seinem Volk so wenig wie möglich Konflikte liegen sollten. Er hat es immer verweigert, das Blut des Volkes fließen zu lassen, und das ist das geringste, dass man sagen kann. Für den König ist das Blut des Volkes überaus wichtig und er hat überhaupt kein Recht dazu, es fließen zu lassen, außerdem hatte er sich bei seiner Krönung dazu eidlich verpflichtet gehabt. Da gibt es noch etwas zu erzählen : als der König der Franzosen gekrönt wird, schreitet er durch die Straßen von Reims, und die Hofsitten erforderten wie üblich, dass man den durchlaufenden Weg lang mit Teppischen behängte, aber Ludwig XVI hatte verlangt, dass es nicht so sein sollte, damit die Franzosen ihn sehen könnten. Seine Botschaften, seine Testamente, die uns alle verwaist lassen, sind an die Franzosen gerichtet, weil er ausschliesslich nur an die Franzosen gedacht hat, an die Franzosen des 21. Januar 1793 und an die Franzosen aller Zeiten : an diese von heute und von morgen.
Es Gibt selbsverständlich auch eine sehr religiöse Atmosphäre ; man kann sagen, dass Ludwig XVI vor allem, wie eine sehr fromme Person, wie ein Christ zum Schafott gegangen ist. Diese Tatsache ist so fundamental, dass der Scharfrichter sich dazu verpflichtet fühlen wird, in der Tagesschrift “le thermomètre” im Bericht über den Tag der Hinrichtung, an jener Passage, wo jene geschrieben haben, dass der König Angst gehabt hatte, dass es ihm an Mut gefehlt hatte, eine Berichtigung zu machen. Der Scharfrichter Samson wird schreiben, dass es nicht der Fall gewesen war,– und im Februar 1793 gehört schon viel Mut dazu die Wahrheit über Ludwig XVI wieder herzustellen-, ich zitiere : “Ludwigs XVI großer Mut und große Kraft haben uns alle ins Staunen versetzt und ich bin davon überzeugt, dass er in den Prinzipien des christlichen Glaubens diese Kraft geschöpft hat.”
Er ist ein aüsserst gottesfürchtiger König : “Ich verzeihe sehr gern denjenigen, die mich als Gefangener bewachten, auch ihre schlechte Behandlung und die Gewalt, mit der sie sich verpflichtet fühlten, Letztere, mir gegenüber ins Werk zu setzen ; ich gehe zu meinem Ende zu und erkläre vor Gott, schon vor ihm zu erscheinen bereit, dass ich mir nicht nur das geringste dieser mir vorgebrachten Verbrechen vorwerfe”. Es ist eine Abschrift aus dem Tempelturm ; sie kommt aus Ludwig XVIs Testament, das er am 25 Dezember, am Weihnachtstag, nur ein paar Tage vor seiner Hinrichtung, aufgestellt hatte.
Das Platz war mit Soldaten, mit Förderierten aus Brest in der Bretagne und aus Marseille ausgefüllt, also konnte man auf diesem gut bewachten Platz, ein bestimmter Hass spüren. Dem ganzen Weg entlang waren auch die gesamten Ausgänge bewacht ; die junge Republik hatte es derart einrichten wollen, dass es keine ärgerlichen Zwischenfälle geben werden. Der König ließ sich fortan die Hände hinter den Rücken fesseln und die Haare abschneiden, dann stieg er in aller Ruhe die Stufen hinauf, die zum Schafott führten. An der Guillotine angelangt, betrachtete Ludwig XVI einen Augenblick lang die Folterwerkzeuge, und wollte sich ein letztes Mal an sein Volk richten : “Ich sterbe unschudig an den Verbrechen, die man mir zumesst ; ich verzeihe den Urhebern meines Todes und ich bete an Gott, dass, das Blut, das Ihr nun fließen lassen werdet, nie und nimmer auf Frankreich lasten wird.” Gerade in diesem Augenblick lässt Santerre die Trommeln schlagen, um des Königs letzten Worte zu bedecken. Jetzt schwieg der Abgesetzte Herrscher, und leistete nicht den geringsten Widerstand mehr.
Unter dieser zeremonialen Art und Weise einen Königsmord zu begehen, kann man eine nachgeahmte anti Königskrönung entnehmen. Es findet eine echt imponierende Inszenierung statt ; es gibt auch diese abscheuliche Tat, die einige Revolutionäre nach der Enthäuptung verübt haben, das heisst, dass sie das Volk mit diesem königlichen Blut bespritzt haben. Im vorliegenden Fall ist diese Tat irgendwie einer Taufe gleich, so als wäre sie eine Ersatztaufe. Daraufhin kann man beschließen, dass in der Willensäusserung zur Tötung von Ludwigs XVI nicht nur einfach jene zur Tötung eines Mannes, sondern auch jene zur Vernichtung einer ganzen Zivilisation, vorhanden ist. So lautet der wesentliche Grund der Geschehnissen und der Taten.
Um 10Uhr30 hören die gefangenen Frauen im Tempelturm von weit her, die Salvenfeuer der Geschütze und, im selben Augenblick fangen die Trommeln an zu schlagen. Die Königin, die noch auf ihrem Bett schlurzte, steht auf und kniet vor ihrem Sohn nieder ; nun begrüßt sie ihn mit der Anredeform : König.
Ludwig XVI ist tot, es lebe der König !
Vielen Dank !
Reny_F
18:12 | Lien permanent | Commentaires (0) | Tags : ludwig xvi, revolution, 21 januar
13/03/2016
Die Pflichten einer Gemahlin und Königin
Der spätere Kaiser Joseph II. erblickte am 13. März 1741 als erstgeborener Sohn und viertes Kind Maria Theresias und ihres Gemahls Franz Stephan von Lothringen, der später als Franz I. römisch-deutscher Kaiser wurde, in Wien das Licht der Welt.
Als man den österreichischen Kaiser Joseph II. über die Zerstreuungen und Schwierigkeiten in der Ehe seiner Schwerster Marie-Antoinette unterrichtete, zögerte er nicht, sich am 18. April nach Versailles aufzumachen und bis 30. Mai 1777 zu bleiben. Der Kaiser hatte bereits seit geraumer Zeit nach Frankreich kommen wollen. Er kann es kaum erwarten, Ludwig XVI, seinen Schwager kennenzulernen, damit er ihm seiner Unterstützung hinsichtlich seiner Ansprüche auf Bayern versichern kann. Er möchte auch Paris und Versailles sehen.
1777 berichtet ihm der österreichische Botschafter in Paris Mery-Argenteau über die immer prekärere Lage, in der sich Marie-Antoinette befindet. Sieben Jahre nach ihrer Hochzeit haben Ludwig XVI und Marie-Antoinette noch immer nicht die Ehe konsumiert. Die Königin hat das eheliche Gemach verlassen, da der König an Vorhautverengung leidet und die Ehe nicht vollziehen kann. Als wohlmeinender älterer Bruder, kommt Joseph II zu Hilfe, da er auch von deren beunruhigter Mutter, Kaiserin Maria-Theresia dazu angehalten worden war.
Der Kaiser kommt am 19. April in Versailles an. Damit er sich frei bewegen kann, hat er vorsorglich den Namen Graf Falkenstein angenommen und ist in einer bescheidenen Herberge abgestiegen. Hocherfreut ihren älteren Bruder wiederzutreffen, den sie sieben Jahre lang nicht gesehen hatte, beginnt Marie-Antoinette ihm von ihrem Intimleben mit Ludwig XVI zu erzählen. Der Kaiser hört sich das an und versichert ihr seine Fürsorge und Zuneigung. Die Bruderliebe hält ihn jedoch nicht davon ab, weiterhin ein wachsames Auge auf den Lebensstil seiner Schwester zu werfen. Nichts würde ihm entgehen. Trotz einer vorerst kühlen und abschätzigen Annäherung mit Ludwig XVI gelingt es Joseph II nach und nach, immer mehr dessen Vertrauen zu gewinnen.
Am 30. Mai verlässt der Kaiser Versailles. Er hat Marie-Antoinette auf ihre Pflichten als Gemahlin und Königin aufmerksam gemacht. Er hat sie aufgefordert, ihre Haltung gegenüber dem König, dem er zur Operation geraten hat, zu überdenken. Sein Besuch trägt Früchte: die Ehe wird am 18. August 1777 konsumiert, und das erste Kind kommt im Dezember des darauffolgenden Jahres 1778 : Madame Royale.
20:17 | Lien permanent | Commentaires (0) | Tags : josef ii, marie antoinette, ludwig xvi, versailles, kaiser österreich
27/01/2016
Ansprache Seiner Durchlaucht Ludwig von Bourbon, Herzogs von Anjou
- Die Idee des Königtums ist immerzu notwendig und lebendig: in Frankreich stirbt der König niemals…
- Solange es noch einen direkten Nachkommen Hugues Capets gibt, der einer zum Zeitpunkt der Geburt gültigen katholischen Ehe entstammt, gibt es in Frankreich einen König.
Dies ist der Text der Ansprache, die Seine Durchlaucht Ludwig von Bourbon, Herzog von Anjou, de jure Ludwig XX diesen Sonntag, den 24. Jänner 2016 nach der Messe, die gemäß der Tradition am nächsten Sonntag zum 21. Jänner in der Sühnekapelle in Paris gefeiert wird, gehalten hat.
Wir erlauben uns, gewisse Passagen, die uns besonders wichtig erscheinen, fett gedruckt zu zeigen.
Seine Durchlaucht Ludwig XX, Herzog von Anjou vor dem Grabmal Ludwigs XVI in der königlichen Basilika Saint-Denys.
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Liebe Freunde,
Wir sind heute hier versammelt, um des 223. Jahrestags der Ermordung des Königs Ludiwg XVI zu gedenke, einen Tag nach einem Prozess dessen Urteil von vornherein beschlossen war. Frankreich durchlebte darauf dramatische Tage, und dieser Tod des Monarchen würde bedauerlicherweise nur der erste einer langen Liste sein.
Aber mir scheint, dass die Zusammenkunft über zweihundert Jahre nach diesen Ereignissen nicht ganz unverfänglich ist. Die Beispiele sind nicht ganz präsent in unserem Bewusstsein. Sie sind es umso weniger, als die Messe, der wir gerade beiwohnten, und für die ich den Beteiligten danke, keineswegs einzigartig ist. Es gibt in der Tat eine ganze Reihe von Messen, die um den 21. Jänner herum gefeiert werden. Dies nicht nur in Frankreich sondern auch im Ausland (denn auch in Belgien, in der Schweiz, in den USA finden Feierlichkeiten zu Ehren des Märtyrerkönigs statt). Diese Feierlichkeiten sind wichtig, und ihre Bedeutung geht weit über Gedenkfeiern hinaus. Nur der Tod des Königs ist Anlass, sich diese Ereignisse Jahr für Jahr wieder vor Augen zu führen. Die Generationen vergehen, aber das bleibt bestehen. Es handelt sich hiebei eigentlich um ein nationales Ereignis, und es ist nicht weiter erstaunlich, dass es sich Jahr für Jahr im Fernsehen und im Rundfunk wie auch in der Presse, seien es nun Zeitungs- oder digitale Artikeln, wiederfindet, obwohl die Medien ansonsten der Monarchie durchaus nicht sehr wohlgesonnen sind.
Dies gibt diesem Umstand eine weitere Dimension. Wir gedenken nicht einfach eines tragischen Vorfalls. Der Tod des Königs ist von einer anderen Art.
Er betrifft im tiefsten jeden von uns, jeden von euch. Nicht nur weil wie ich in der Einführung gesagt habe, die Gerechtigkeit den menschlichen und parteiischen Leidenschaften geopfert wurde, sondern auch weil er ganz und gar gegen die Grundfesten des französischen Geistes verstößt.
Er ist ein zerstörerisches Werk. Er hat in unserem Leben, unseren Herzen und unseren Familien wie auch in der Gesellschaft eine Leere hinterlassen. Sie ist nun, da sie ihren legitimen natürlichen Anführer verloren hat, außer Tritt. Aber eine Gesellschaft, ein Staat, hat wie das Einzelwesen darauf Anspruch, zu wissen, woher es kommt, und wohin es geht; seine Suche ist immerzu eine philosophische und geistige. Die Gesellschaft kann sich nicht mit Herumlavieren abfinden; was an einem Tag die Wahrheit ist, am nächsten dann schon nicht mehr sein soll. Im Gegenteil hat sie Anspruch auf Gewissheit. Die Jugend umso mehr. Diese bei den Feierlichkeiten zum Gedenken Ludwigs XVI anwesend zu sehen, bestätigt, dass es das Bedürfnis nach der absoluten Wahrheit gibt. Die Jugend liebt nicht die falschen Ideologien. So sie bereit ist, sich einer Sache hinzugeben, wird es nicht für einen leeren Wahn sein; sondern für das Wahre, Gute, Schöne. Denn sie hat Glauben, und auf diesen Glauben setzt sie ihre Hoffnung.
Man muss daher die Ermordung des Königs, die uns hier vereint, nicht nur als gemeinsames Gedenken an ein tragisches Ereignis einiger weniger sehen, sondern an einen Aufruf, darüber nachzudenken, wie wir es in der Zukunft haben wollen. Der König ist nicht umsonst gestorben. Sein Opfer, das er an- und auf sich genommen hat, war zugleich eines vieler Franzosen; sein Opfer, das bemerkenswerterweise in einem öffentlichen Prozess abgehandelt worden war, ist ein Akt, aus dem sich die Wahrheit als solche wieder erweisen wird, nachdem Frankreich eine Spirale der Entchristlichung betreten und damit den Weg des Materialismus und Individualismus beschritten hat, deren große Gefahr wir gerade jetzt eben sehen.
Die Enthauptung des Monarchen hat diese besondere wichtige Verbindung zwischen dem König und seinem Volk durchtrennt; zwischen dem Volk und seiner Geschichte. Es ist diese Verbindung, die uns Jahr für Jahr zu den Gedenkfeiern zusammenkommen lässt. Es ist der Wunsch, die verlorene Sohnschaft wiederzufinden. Alle großen Nationen, von Großbritannien bis zu Japan, von Russland bis zur USA leben aus ihrer Geschichte heraus.
Indem Frankreich sich davon distanziert, wird es sich weiter verstümmeln und verirren. Seit beinahe zweihundert Jahren reiht sich Krise an Krise, einige darunter blutig, und Republik an Republik. Damit ändert sich nichts an der Leere, die ein Minister, und beileibe nicht der geringste, vor ein paar Monaten sogar ganz offen zugab, wobei er sich seiner philosophischen Ausbildung erinnerte !
Indem wir uns dieser Ermordung vor mehr als zweihundert Jahren erinnern, stimmen wir der Idee des Königtums als notwendig und lebendig zu. In Frankreich stirbt der König traditionsgemäß niemals. Er lebt fort.
Es liegt an den Franzosen, ihr wieder Leben einzuhauchen und ihre Wurzeln wieder zu finden. Aber dies darf nicht einfach nur der Form nach geschehen. Das Königtum ist keine Republik mit Krone versehen. Es ist vor allem eine ganze Reihe von bestimmten geteilten und gelebten Werten, denn aus diesen resultiert die Einheit zwischen all dem, was das Land ausmacht. Diese Werte sind ursprünglich direkt aus der christlichen Taufe Chlodwigs entstanden. Derzeit muss man sie wiederfinden und wieder gültig machen, jedoch sicher nicht mit Phrasen dreschen. Frankreich wird Schwierigkeiten überwinden und Prüfungen bestehen sowie wieder auf den rechten Weg seiner Bestimmung gelangen, indem es sich dessen, was es während seiner ganzen Geschichte hindurch angetrieben hat, wiederbesinnt.
Hinter der Ablehnung dieser Ermordung Ludwigs XVI zeichnet sich der Anspruch ab, dem Leben die Vorrangstellung zu geben, der Geburt anstatt dem Tod; das Bedürfnis der Familie alle ihre Rechte einzuräumen, insbesondere bei der Erziehung der Kinder. Denken wir nur an Ludwig XVI, wie er in der Gefangenschaft seinem Sohn schrieb und ihn in Geografie unterwies. Was für ein Beispiel ! Hinter der Ablehnung des Todes des Königs tritt auch der Wunsch nach der wiedergewonnenen Souveränität, die zur Gewährleistung aller Freiheiten notwendig ist, hervor.
All das dürfen nicht nur hohle Phrasen sein, sondern muss mit Leben erfüllt werden. Es liegt an uns allen, dies in unserem Stand, im Beruf, in den Familien und im täglichen Leben umzusetzen. Viele Junge haben das bereits verstanden. Ihre Stimme ist zweifellos noch nicht genug hörbar, aber da sie die Zukunft sind, werden sie von den Wächtern von heute schnell zu den Akteuren von morgen mutieren.
Dies sind meine Wünsche, die ich zu Anfang des Jahres euch allen hier sowie allen Franzosen auf den Weg gebe. Für Frankreich.
Sie sind von Dankbarkeit begleitet. Danke an jene, die mir sowie meiner Familie ihre besten Wünsche gesendet haben; danke an jene, die heute an den Feierlichkeiten teilgenommen haben, den Mitarbeitern, aber auch an all jene, die bei der Vorbereitung und Ausführung mitgeholfen haben.
Möge der heilige Ludwig weiter über Frankreich wachen und der heilige Martin, dessen 1700. Jahrestag wir heuer gedenken, weiter seinen Einfluss darüber wirken lassen. Danke.
Ludwig, Herzog von Anjou
15:56 | Lien permanent | Commentaires (0) | Tags : ansprache, ludwig von bourbon, ludwig xvi, messe; sühnekapelle